Sommerzeit... und die Kinder gehören auch zum Leben
von Jan Fortune-Wood

Die Sommerferien sind schon weit fortgeschritten und als wir nach einem Familienausflug ins Kino bei Pizza Hut Platz nehmen, werde ich durch die Bedienung mit der Stimmung der Saison konfrontiert: "Na, versuchen Sie auch, sie aus dem Haus zu bekommen und zu beschäftigen?" Arme Eltern! Jeden Sommer stehen sie vor der Frage – was soll ich mit den Kindern machen?

Auf das Gezeter des letzten Sommers über die Ungerechtigkeit, dass Kinder mehrere Wochen hintereinander ihren Eltern aufgebürdet werden, zurückblickend, fand ich zufällig einen Artikel von Frank Furedi [Professor der Soziologie, Universität Kent, England; Anm. der Übersetzerin] in 'spiked-online'. Professor Furedi lässt eine willkommene Warnung vor dem Eingriff der Staates in das Privatleben von Familien erklingen, stellt dann im Anschluss aber eine Liste von Vorschlägen auf, die der Staat umsetzen könnte, um das Leben der Eltern zu erleichtern. Neben dem Ruf nach mehr Kinderbetreuungseinrichtungen und weniger Einbeziehung der Eltern in die Bildung ihrer Kinder, steht der immerwährende Appell: "Gönnt Eltern eine Pause während der Schulferien." Wie? Indem der Staat Sommerlager und Aktivitätszentren bereitstellt.

Professor Furedi ist bekannt für seine standhaftes Beharren auf der These, dass wir die Kindheit zu 'sicher' machen, dass wir Kinder in Watte wickeln und ihr Spiel mit unserer ständigen Paranoia über alle möglichen denkbaren Gefahr behindern. Und doch kommt er jetzt mit der Forderung daher, dass Kinder von einer öffentlichen Institution zur nächsten gereicht werden sollten, angeblich um ihnen eine stimulierende und positive Umgebung zu bieten, in Wirklichkeit aber, damit ihre Eltern ihren üblichen Beschäftigungen nachgehen können, anstatt ihren gewohnten Lebensrhythmus zu unterbrechen für ihre Kinder, die ihnen gar nicht gelegen kommen.

Ja, ich weiß, wir müssen alle Geld verdienen, und ja, ich weiß auch, dass das Familienleben ein teures Unterfangen sein kann; meine eigenen vier Kinder sind nicht sehr beeindruckt, wenn ich von Einschränken oder Sparsamkeit spreche, und warum sollten sie auch? Doch in was für einer Welt leben wir, wenn Eltern ihre eigenen Kinder als ungelegene Probleme ansehen, die es zu lösen gibt, vorzugsweise durch den Staat? Welcher Art von freidenkenden, kreativen Menschen werden unsere Kinder wohl heranwachsen, wenn wir, ihre Eltern, angesichts einer sechswöchigen Lücke in der durchgängigen institutionellen Betreuung für sie verärgert sind und uns alleingelassen fühlen? Im Ernst, dies sind Ihre Kinder. Es sind nicht die Kinder des Staates.

Die Wurzel des Problems ist eine Bildungskonventionalität, die mehr und mehr Aufgaben der Eltern verdrängt hat bis die Eltern sich schließlich nur noch am Rande des Lebens ihrer Kinder abstrampeln und sich bestenfalls überflüssig fühlen, schlimmstenfalls wütend sind bei dem bloßen Gedanken, dass letztendlich nicht die Schulen, Spielzentren oder der Staat für ihre Kinder verantwortlich sind, sondern sie selbst. Frank Furedi gibt den Anhaltspunkt in einem weiteren Vorschlag für Eltern und Kinder; "erlauben Sie den Lehrern zu lehren und den Eltern, Eltern zu sein". Gemeint ist, dass Eltern frei sein sollen von der Last, zu amateurhaften Quasi-Kollegen zu werden. Um dies zu erreichen, müssen wir die Ressourcen und Einrichtungen der Schule aufstocken und den Eltern weniger, nicht mehr, Anteil am Leben ihrer Kinder zugestehen. Lehrer sollen sich darauf verlassen können, dass sich die Eltern an ihre Rolle halten, die Kinder "gut genährt und körperlich wohlauf" in die Schule zu bringen. Was Furedi in seiner widersprüchlichen Utopie vergessen hat, in welcher vom Staat erwartet wird, einerseits für nahtlose Betreuung zu sorgen, sich aber andererseits aus dem Familienleben herauszuhalten, ist, dass die Hauptverantwortung für die Kinder bei den Eltern liegt, die diese schließlich zur Welt gebracht haben.

Zudem ist dies der Fall, selbst wenn es um Bildung geht. Abschnitt 7 des Bildungsgesetzes von 1996 [1996 Education Act, England; Anm. der Übersetzerin] stellt recht deutlich fest: "Die Eltern jedes Kindes im schulpflichtigen Alter müssen dafür sorgen, dass ihm effiziente Vollzeitbildung zuteil wird, die a) seinem Alter, seinen Fähigkeiten und seiner Begabung und b) eventuellen speziellen Lernbedürfnissen des Kindes gerecht werden, entweder durch regelmäßigen Schulbesuch oder anderweitig." Mit anderen Worten ist es die Aufgabe der Eltern, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder eine Bildung erhalten, und es ist ihre Entscheidung, wem sie diese Aufgabe übertragen oder ob sie diese Aufgabe überhaupt abgeben wollen. Warum? Aus dem einfachen Grund, dass Furedis erste Prämisse vollkommen korrekt ist: der Staat sollte nicht zum "Erziehungsberechtigten in Wartestellung" werden, der die elterliche Verantwortung untergräbt und das Gesetz bestätigt dies glücklicherweise.

Wenn Eltern wieder die Hauptverantwortung für die Bildung übernehmen, dann ist die Frage, was man in den Sommerferien mit den Kindern machen soll, irrelevant. Natürlich jammern nicht alle Eltern, deren Kinder die Schule besuchen, über den Mangel an aus Steuergeldern finanzierten Programmen vom ersten Tag der Schulferien bis zu letzten; viele Eltern finden kreative Lösungen, wie man Arbeit und Familienleben kombinieren kann. Aber einer speziellen Gruppe gelingt dies das ganze Jahr über: Familien unbeschulter Kinder. Es wird geschätzt, dass zwischen 50.000 und 100.000 Kinder in Großbritannien zu Hause lernen. Diese Kinder kommen aus Familien jeden denkbaren Milieus und unterschiedlicher Einkommensstufen, aber ihre Eltern haben eines gemeinsam: das Engagement, die Verantwortung für ihre eigenen Kinder sehr ernst zu nehmen.

Was habe ich meine Pizza Hut-Bedienung geantwortet? Nun, eine Sekunde lang habe ich mit dem Gedanken gespielt, einfach zu lächeln und unverbindlich zu nicken, aber ich war noch nie gut darin, den einfachen Weg zu gehen. "Sie gehen gar nicht zur Schule. Wir lernen zu Hause, also sind wir immer zusammen." Die Bedienung schaute benommen drein bei der Vorstellung von Vollzeit-Kindern, dann wandte sie sich meinen Kindern zu: "Ihr habt großes Glück. Eure Mutter muss euch wirklich mögen, dass sie euch zu Hause bleiben lässt."

In einer Welt, in der wir so sehr gewohnt sind, Familienleben, Arbeitsleben und Vergnügen zu trennen; in einer Welt, in der wir darauf eingestellt haben, unsere Kinder in immer jüngerem Alter an 'Experten' zu überreichen, so dass uns lediglich als Aufgabe bleibt, für Unterhalt und ein warmes Bett zu sorgen und mit den Lehrern und Schulpsychologen zu kooperieren, die wirklich Bescheid wissen und unsere Kinder erziehen, wundert es nicht, dass jeder überrascht ist, Eltern und Kinder zu treffen, die einander tatsächlich mögen und Zeit miteinander verbringen wollen, die zusammen lernen und leben. Doch das Mögen kommt nicht zuerst, an erster Stelle steht die Verantwortung. Nur wenn wir uns dieser Verantwortung stellen, entdecken wir, dass es mitnichten eine beschwerliche Pflicht, sondern vielmehr eine wahre Freude ist, Kinder zu haben, an deren Leben wir teilhaben.

Kinder sind keine logistischen Probleme, die gelöst werden müssen; sie sind Menschen, die wir aus freien Stücken in unser Leben gebracht haben. Ich beklage mich nicht, wenn ich Geld über den Ladentisch reiche, um einen neuen Roman zu kaufen, dessen Lektüre ich wirklich genießen werde. Warum sollte ich mich beklagen, Zeit, Energie, Kreativität und Engagement in die Kinder zu investieren, die ich aus freien Stücken in die Welt gesetzt habe und denen gegenüber ich mehr Verantwortung habe als gegenüber jedem anderen auf diesem Planeten?

Was Sie während der Sommerferien mit den Kindern machen sollen? Leben Sie mit ihnen als Menschen, nicht als Probleme.

© Copyright Jan Fortune-Wood


Aus dem Englischen übertragen von S. Mohsennia.
Original: www.home-education.org.uk/ac/article-slic.htm
 

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23.6.2004